Neulich fiel mal wieder dieser gefürchtete Satz. ‚Wir brauchen unbedingt einen Workshop, um die Strategie und erste Ideen gemeinsam zu erarbeiten‘. Eine bekannte Aussage, die immer häufiger wie ein Reflex wirkt – und hinter verschlossenen Türen oft ein kollektives Augenrollen auslöst. Denn insgeheim wissen wir: Die Idee klingt zunächst gut, aber was folgt, sind endlose Abstimmungsrunden, in denen der kreative Funken meist erstickt wird. Ein weiterer Tag voller Kompromisse und mittelmäßiger Ergebnisse, die man als „gemeinsame Entwicklung“ tarnt. Doch darüber spricht niemand laut, denn Co-Creation gilt immer noch als Goldstandard für moderne Zusammenarbeit. Warum eigentlich?

Die Illusion der Gleichberechtigung: Warum Co-Creation scheitert

 

Co-Creation hat zweifellos noble Ziele. Die Idee, Kunden und Agenturen als gleichberechtigte Partner zu sehen, scheint nicht nur modern, sondern auch respektvoll. Auch ich hielt Co-Creation lange für den Schlüssel zu effektiven Lösungen – bis der Reality-Check zeigte, dass die Methode selten hält, was sie verspricht. In der Praxis entpuppt sich dieses Ideal oft als Herausforderung: Komplexe Abstimmungsprozesse, endlose Workshops und der Zwang, jede Stimme zu berücksichtigen, führen regelmäßig zu kreativen Einbußen. Wie Rob Cross, Autor des Buchs Beyond Collaboration Overload, herausgefunden hat, verbringen Mitarbeitende mittlerweile 85 % ihrer Arbeitszeit in kollaborativen Prozessen. Diese Überdosis an gemeinsamer Ideenfindung schadet nicht nur der Produktivität, sondern führt häufig zu maximal durchschnittlichen Ergebnissen – eine ironische Wendung für ein Modell, das Spitzenleistungen fördern soll.

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Das Problem liegt in der Gleichsetzung von Harmonie mit Qualität. Gute Ideen entstehen selten in Räumen, in denen Konsens das höchste Ziel ist. Sie erfordern Mut, klare Führung und entschiedene Perspektiven – keine Komitees, die jede Stimme gleich stark gewichten. Co-Creation wird so oft zum Hemmschuh für den Mut, der wirklich bahnbrechende Ideen hervorbringt.

Zeit als kostbares Gut

 

Ein weiterer zentraler Faktor, der gegen übermäßige Co-Creation spricht, ist der enorme Zeitaufwand. In einer Wirtschaft, deren Zukunftsfähigkeit von Agilität lebt, wirken lange Abstimmungsrunden wie aus einer anderen Ära. Unternehmen und Agenturen bewegen sich in Märkten, die rasche Entscheidungen erfordern. Co-Creation hingegen schafft oft eine Dynamik, die Projekte lähmt, anstatt sie voranzutreiben.

Dieser Effizienzverlust wiegt in einer Zeit knapper Budgets besonders schwer. Ressourcen, die auf Kunden- wie Agenturseite für Workshops und lange Abstimmungen aufgewendet werden, fehlen an anderer Stelle – zum Beispiel dort, wo Agenturen ihre eigentliche Stärke entfalten: die Entwicklung kühner, unverwechselbarer Ideen. Kreativschaffende werden so zu Moderatoren degradiert, die zwischen Kundeninteressen balancieren, anstatt eigenständig zu gestalten.

Rob Cross zeigt in seinen Forschungen, dass Spitzenperformer:innen durch bewusstes Hinterfragen ineffizienter Abstimmungsprozesse bis zu 24 % ihrer Zeit zurückgewinnen können. Genau diese Klarheit fehlt vielen co-kreativen Formaten, die oft in Diskussionen versanden und wenig Raum für echte Höhepunkte lassen.

Klare Rollen für bessere Ergebnisse

 

Effektive Zusammenarbeit braucht keine radikale Gleichberechtigung, sondern klare Rollenverteilung. Marketingverantwortliche und Agenturen bringen unterschiedliche, sich ergänzende Stärken ein: Kunden liefern wertvolle Marktkenntnis und klare, strategische Ziele, während Agenturen frische Perspektiven und unvoreingenommene Kreativität einbringen. Dieses Zusammenspiel funktioniert jedoch nur, wenn beide Parteien sich auf ihre jeweiligen Kernkompetenzen konzentrieren. Die Rollen müssen sich ergänzen, nicht verwischen.

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Ein gesundes Maß an Führung ist unerlässlich, um kreative Prozesse produktiv zu halten. Kunden sollten den Mut haben, Freiräume für Kreativität zu schaffen und darauf vertrauen, dass Agenturen diese produktiv nutzen. Im Gegenzug müssen Agenturen selbstbewusst für ihre Ideen einstehen – auch wenn diese nicht immer den Konsenserwartungen entsprechen.

Workshops und Schulterblicke bleiben wichtige Elemente der Zusammenarbeit, doch sie dürfen den kreativen Prozess nicht dominieren. Die besten Ergebnisse entstehen, wenn solche Formate Erkenntnisse zu fördern, ohne sie durch Kompromisse zu ersticken.

Kreativität braucht Führung, keine Komitees

 

Die Geschichte erfolgreicher Kampagnen zeigt: Großartige Ideen entstehen selten im Konsens. Sie sind das Ergebnis von radikalem Denken, mutigen Entscheidungen und der Bereitschaft, Risiken einzugehen. Co-Creation mag als Buzzword beeindruckend klingen, doch ihre Wirkung bleibt begrenzt, wenn Harmoniestreben und Konsens den Prozess dominieren.

Die Zukunft gehört denen, die Verantwortung übernehmen – für mutige Visionen und klare Ergebnisse. Es braucht keine Illusion von Gleichberechtigung, sondern Freiräume, in denen Expert:innen das tun, was sie am besten können: mit Leidenschaft und Expertise außergewöhnliche Ideen entwickeln. Nur so entstehen Arbeiten, die nicht Mittelmaß, sondern Maßstab sind.

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Kontakt

Noah Charaoui

Recruiter
talents@knsk.de