Sind Agenturen die besseren Unternehmensberater?
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Kim Notz
09. July 2024
Als Unternehmens- und IT-Beratungen vor zehn Jahren anfingen, Agenturen zu kaufen, fuhr manchen Menschen in der Branche ein Schreck durch die Glieder. Plötzlich stehen neben kleinen und mittelständischen Agenturen und etablierten Werbeholdings neue Riesen auf dem Spielfeld. Werbeagenturen haben sich gerade erst an den Wettbewerb mit Digitalagenturen gewöhnt und selbst Digitalkompetenz aufgebaut. Nun treten Unternehmensberater und IT-Dienstleister auf den Plan.
Das Geschäftsmodell der Agenturen steht unter Druck. Und das gilt bis heute. Denn die neuen Wettbewerber sind nur das Symptom. Die Ursache für den Wandel ist die Digitalisierung des Marketings. Dadurch benötigen die Agenturkunden neben IT- und Digital-Know-how auch Organisations- und Prozessberatung – die Domäne der Unternehmensberater.
Da sich Kreation, IT und Unternehmensberatung immer stärker überschneiden, liegt der Gedanke nahe, alles aus einer Hand anzubieten. Und so kommt es, dass Agenturen nun auch Kompetenz für marketingbezogene Organisations- und Prozessberatung aufbauen. Während umgekehrt die Unternehmensberater sich daran machen, das Feld der Marketingberatung zu beackern.
Mit einem, der diesen Prozess auf verschiedenen Seiten des Tisches mitgestaltet hat, habe ich in Folge #115 gesprochen: Thomas Dmoch, seit 2023 CMO von Schaeffler Bearings & Industrial Solutions. Heute sitzt er wieder auf der Kundenseite, doch er kennt auch die anderen Sichtweisen. Bevor er zu Schaeffler wechselte, war er Head of Marketing bei der Agentur frog in München. Zuvor baute er bei Capgemini das Marketingconsulting auf. Viele Jahre seiner Karriere hat er zudem im Marketing bei Volkswagen, Jaguar Land Rover, Škoda und Renault Trucks verbracht.
In seine Zeit bei Capgemini fiel die Corona-Krise, die einen weiteren Digitalisierungsschub auslöste. Als Unternehmen plötzlich über Nacht digitalisieren mussten, sah Thomas Dmoch eine interessante Vermengung zwischen Agenturen und Unternehmensberatern. Hatten die Kunden noch zuerst die Agenturen angerufen, kamen bald die Berater dazu. Es begann, was er als „Räubern von beiden Parteien im anderen Revier“ beschreibt.
Ernüchternde Tagessätze
Die klassischen Geschäftsmodelle von Agenturen und Beratungen gleichen sich darin, dass sie auf Personentagen und Tagessätzen beruhen. Aus Sicht der Berater waren und sind die Tagessätze der Agenturen allerdings ernüchternd, ebenso wie die damit verbundenen Deckungsbeiträge und Zielrenditen. Während hingegen die Agenturen versuchen, auf dem Beratungsterrain höhere Tagessätze zu realisieren als im gewohnten Agenturgeschäft.
Bei KNSK haben wir im vergangenen Jahr begonnen, uns von Tagessätzen zu verabschieden und stattdessen Festpreise für definierte Produkte aufzurufen. (Dies nur am Rande bemerkt.)
Neben den wirtschaftlichen Unterschieden gab und gibt es zwischen Agenturen und Beratern auch kulturelle Differenzen, die nach der Übernahme früher oder später hervortreten. Arbeitsstil, Hintergrund und Erwartungen von Beratern und Agenturmenschen unterscheiden sich doch erheblich. Auf jede Akquisition folgt daher ein anstrengender Übergangsprozess.
Die Beratungshäuser stehen hier vor einem ähnlichen Dilemma wie die großen Werbeholdings, die regelmäßig neue Agenturen akquirieren. Ist die Integration zu rigide, gehen die Kultur, das Know-how und am Ende die Menschen verloren, die ja den übernommenen Vermögenswert ausmachen. Umgekehrt besteht die Gefahr, nicht über den Zustand einer wenig integrierten Holding hinauszukommen.
Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Agenturen unter demselben Dach wird dann erschwert, weil oft beide um den gleichen Kuchen kämpfen müssen und die Holding hauptsächlich finanziell steuert. Kollaboration wird dann faktisch bestraft statt belohnt. Das ist auch für die Agenturkunden unerfreulich, denn sie verbringen ohnehin schon viel Zeit damit, eine Vielzahl von Agenturen zu steuern und zu koordinieren.
Hier setzt ein Modell an, das in Grundzügen auf Überlegungen von Wolf Ingomar Faecks und Ralf Nöcker zurückgeht: der kreative Generalunternehmer. Ähnlich wie eine kreative Leadagentur übernimmt er die Steuerung und Koordination der zahlreichen Spezialisten. Die Komplexität der Customer Journey mit ihren zahllosen Touchpoints schafft Raum für diesen Agenturtypus, der so die Marketingabteilungen entlasten kann.
Permanente Überlastung
Denn das Marketing leidet heute ohnehin unter permanenter Überlastung. Zum einen hat sich das Tempo erhöht: Marketing findet inzwischen praktisch in Echtzeit statt. Zum anderen hat auch unternehmensintern die Zahl der Schnittstellen zugenommen, vor allem mit Vertrieb und Kundendienst, aber auch in Richtung Produkt. Hier ist eine Kompetenz gefragt, die aus Agentursicht langweilig klingt, aber eine neue Bedeutung bekommt: das Projektmanagement.
Um zu überleben, mussten Agenturen schon immer gut im Projektmanagement sein. Sie sind es aber nicht gewohnt, auch den Kunden und dessen interne Komplexität zu steuern. Dem steht die herkömmliche Arbeitsweise mit Pitches, Briefings, Rebriefings, Schulterblick, Präsentationen und dem guten, alten Kontakter im Weg. Agenturen pflegen gern ihr eigenes Biotop, sind aber aus Sicht von Thomas Dmoch viel zu wenig beim Kunden. Anders hingegen Unternehmensberater, die gewöhnlich sehr nah an der Organisation, den Prozessen und handelnden Personen sind.
Die Fähigkeit zum Projektmanagement ermöglicht es Agenturen, das komplexe Zusammenspiel des Marketings, seiner Schnittstellen und Touchpoints zu steuern. Ohnehin arbeitet auch die Kundenseite heute viel mehr in Projekten als in der Vergangenheit. Viele Aktivitäten werden von vornherein als Projekt definiert und gesteuert. Wenn Agenturen ein Gesamtpaket aus Projektplanung, Steuerung, Organisation, Budgetkontrolle, Projektkommunikation und Risikomanagement anbieten würden, könnten sie hier punkten.
Letztlich würde dann die Grenze zwischen Agentur und Kunde verschoben, wenn das Projektmanagement auch Mitarbeiter des Kunden und weitere Dienstleister steuert. Dazu kommen Themen wie Stakeholdermanagement und interne Kommunikation auf der Kundenseite, die im puren Agenturprozess bis jetzt eher eine geringe Rolle spielten.
Eine Verlängerung des Agenturgeschäfts
Ein zweiter Agenturtypus, dem Thomas Dmoch gute Chancen gibt, ist der kreative Datenanalyst. Eine Agentur dieses Typs ist nahe an den Endkunden und überblickt die Datenschätze des Unternehmens. Auf der einen Seite Voice of the Customer, auf der anderen Seite CRM und Data Analytics. Ein gutes Verständnis der Zielgruppe ist die Basis für gute Kreation und relevante Inhalte. Auch dieser Ansatz ist nicht sehr weit weg vom hergebrachten Agenturgeschäft, sondern eine intelligente Verlängerung.
Skeptisch ist Thomas Dmoch hingegen, wenn Agenturen sich zu kreativen Unternehmensberatern entwickeln wollen. Es ist ein weiter Weg, auf Augenhöhe mit einer Beratung zu kommen, was Organisations- und Prozessberatung angeht. Noch schwieriger wird es, das nötige Know-how in der IT-Beratung aufzubauen, um mit den großen Spielern im Bereich Marketingtechnologie mithalten zu können.
Eine Chance besteht allerdings in der möglichen Emanzipation von den großen Technologieplattformen. Adobe oder Salesforce verursachen nicht nur hohe Kosten für Lizenzen und Implementierung. Sie erschweren auch die Differenzierung in der Customer Experience, weil am Ende alles gleich aussieht. Hier könnten Agenturen mit individuellen Lösungen punkten.
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